Diskussioun:Partiell Chamberwale vum 7. Juni 1931

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Revue de Presse[Quelltext änneren]

Fester denn je geht die Arbeiterpartei aus diesem Wahlkampfe hervor, stärker denn je steht sie vor dem Lande und den Wählern. [...] Im Süden ist ihr von den zwei neuen Sitzen der eine zugefallen. Im Zentrum sieht sie ebenfalls ihre Mandate um zwei vermehrt. Wenn es ihr nicht gelungen ist, den zweiten Sitz im Norden zu erobern, so ist ihr dies nur um ein Stimmenbruchteil fehlgeschlagen. Die Bevölkerung des Nordens hat der Arbeiterpartei starke, mächtige Stoßtruppen neu zugeführt. 15 000 Stimmen Zuwachs. Wahrlich ein Resultat, mit dem wir zufrieden sein können.
[...]
Die Partei des Verrats ist von den Wählern komplett desavouiert worden. Das luxemburger Volk hat der Großindustrie und der "Arbed" einen Wink gegeben, wie er deutlicher nicht gegeben werden konnte. Im Süden bleibt ihr Führer Theves auf der Walstatt, Komplett mit seinen paar Schreiern und besoldeten Aufbläsern in den Boden gestampft. Im Zentrum ist die "Arbed"-Partei zu einem Splittergrüppchen zusammengeschmolzen. Herr Diderich darf stolz auf sein Werk sein. Die Wähler haben ihm diesmal sonnenklar bewiesen, daß man nicht ungestraft mit ihnen spielen darf. Die sogenannte Linkspartei der Radikal-Sozialisten, die jahrelang klerikale Politik treibt und die Linkswähler zum Narren gehalten: Wahrlich, es mußte so kommen. Die Klerikalen, als gut disziplinierte Partei, haben ihren Stimmenbestand gewahrt, während die Gruppe Cahen wahrscheinlich verstärkt ins Parlament einziehen wird.

Die Wahlen vom letzten Sonntag bilden eine Zurechtrückung der Besitzstände der einzelnen Parteien und eine derbe Zurechtweisung an die Adresse derer, die schon seit Jahren sich über die Wähler lustig machen. Zuerst die Zurechtrückung der Besitzstände: Bereits seit den letzten Gemeinderatswahlen stand fest, daß die Radibutzki sich von Leuten stützen ließen, denen das Volk die Gefolgschaft versagt hat. Die Diderich-Thomas-Galle hatten die Sitze der Arbeiterpartei inne und trieben darauf für die Linkswählerschaft blutigen Zynismus. Die vorgestrigen Wahlen wiesen die Leute Zurecht und reduzierten sie auf ihren einfachsten und klarsten Ausdruck. Mit vier austretenden Abgeordneten, zwei Bürgermeistern und mehreren Gemeinderäten zogen sie, eskortiert und geleitet von der schwerindustriellen Phalanx in die Wahlen. Auf dem einen Schild den Brotkorb, auf dem andern die Lockspeise Staats- und Gemeindeposten. Das Volk wandte sich mit Ekel ab und setzte ihnen den Stuhl vor die Tür, wie dies die Stadt Luxemburg vor zwei Jahren bereits getan hatte. Herr Diderich, der Oberbürgermeister kehrte allein noch zurück. Herr LeGallais, der «letzte Mohikaner", der von den Diderich und Konsorten meuchlings gemordeten liberalen Partei, hängt nur lose mit dieser Gruppe noch zusammen. Die sogen. Radikal-Sozialisten sind auf eine Einheit reduziert, auch die liberale Partei. Der politische Verrat dieser beiden Gruppen wurde am Sonntag geahndet. Das Volk hat sein Verdikt gesprochen. Ob man nun drüben sich seinem Richterspruch fügt, wird die Zukunft zeigen. Schon verlassen die Ratten das Schiff.
Für die Regierung Bech bedeutet die Wahl vom Sonntag eine derbe Zurechtweisung. Das brave luxemburger Volk ist und bleibt in seiner sehr großen Mehrzahl links eingestellt und will auch so regiert werden. Es verbietet sich, daß Schwarz auf dem Regierungsgebäude und auf den Stadthäusern von Esch und Luxemburg herunter grinse. So hatte es die Sache denn doch nicht vor vier Jahren verstanden. Der Regierung ein Mane Thekel. Die Klerikale Partei hat ihre Besitzstände einstweilen noch durch die Leute aus der “Heimat", wahren können, doch auch bei ihr sitzt der böse Wurm im Haus...
Die derbste Zurechtweisung gab aber das Wählerkorps den Geldmagnaten und Hüttenherren, die sich über Kopf und Hals in den Wahlkampf stürzten. Hunderttausende bezieht ein Arbed-Direktor, von dem Nationalvermögen, um Wahlen zu machen, um politische Vereine zu gründen, um den Arbeitern Handschellen anzulegen, ihre verbrieften Rechte mit Füßen zu treten. Es ist das ein Hohn aus alles, was grad und frei und unabhängig noch sein soll, bei diesen Zeiten der Krisis und der Armut. Das Volk hat den Leuten der Ochsenziemerpartei, den Besitzern von Verwaltungsratseinkommen, die auf fetten Finanzposten sich breit machen und mit dem Religionsmantel verbrämten schwarzen Profitjägern mit der Brandfackel “Gut Nacht" gesagt, Gott und das Volk lassen ihrer nicht spotten. Auch dann nicht, wenn heuchlerisch fromm und scheinheilig das Priesterkleid sich zum Abwehrschild vordrängt. Hier liegt noch etwas, das schleunigst ausgemerzt werden muß. Wir lassen nicht mehr zu, daß auf solch frivole Art und Weise die Religion, das Priesterkleid mißbraucht werden soll. Wenn niemand zum Hüter des “heiligsten Gutes eines Volkes" sich vorwagen will, so tun wir es. Und resolut und gründlich, Darum ist der Kampf durch die Wahlen vom letzten Sonntag nicht beendet, er hat erst begonnen und wird sich in der schärfsten Form fortsetzen. Das ist die heilige Mission, die das Volk der Arbeiterpartei am Sonntag mit auf den Weg gegeben hat. Und doch wir diesen heiligen Auftrag restlos erfüllen, dafür ist unsere Vergangenheit, unsere festgefügte Hausehrlichkeit die beste Gewähr. Durch das Volk, für das Volk. Treue um Treue.

Die “Luxemburger Zeitung" von gestern schreibt: “Nach dem vorläufigen Ergebnis der Wahlen von gestern, das wohl kaum noch eine wesentliche Aenderung erfahren wird, muss man ruhig zugeben, daß diese Wahlen für die radikal-sozialistische Partei eine Niederlage bedeuten, die nicht vorauszusehen war. Während die andere Koalitionspartei, die Rechtspartei im Bezirk Zentrum alle Sitze behält, auch den, der ihr bei den Wahlen von 1928 eigentlich zu Unrecht zufiel und im Nordbezirk gegen 1925 einen Sitz gewinnt, verlieren die Radikal-Sozialisten im Zentrum drei Sitze. Einer davon fällt den Radikalen, die zwei andern fallen der Arbeiterpartei zu. Im Südbezirk fiel das Resultat so aus wie es erwartet wurde. Die radikal sozialistische Partei hatte nämlich gar nicht daran gedacht, dort einen Sitz davonzutragen, aber sie war bemüht, eine Stimmenzahl zu erreichen, die wesentlich höher sein müßte, als die bei den Wahlen von 1928 von dieser Partei gebuchte. Das wurde erreicht. Die beiden Koalitionsparteien zusammen haben im Südbezirk an Stimmenzahl die beiden Oppositionsparteien, die Sozialisten und die Kommunisten um über 1000 Stimmen überflügelt. Im Jahre 1928 war es dort umgekehrt da die Arbeiterpartei zusammen mit der Loutschpartei bei weitem mehr Stimmen erhalten hatte, als die Koalitionsparteien. Gegen 1928 haben die Sozialisten im Südbezirk einen bedeutenden Rückgang zu verzeichnen." Und zum Schluß: “Wie sich das Resultat der Wahlen politisch auswirken wird, Kann noch nicht gesagt werden Wir gönnen der “Zeitung" die Trostpille, die sie in der Feststellung findet, daß die Stimmen der Arbeiterpartei im Süden zurückgegangen feien, obschon es mit Ausnahme von Esch-AIzette nicht der Fall ist, wie wir in einem eigenen Artikel beweisen werden. Und in Esch-Alzette haben die Stimmen der Arbeiterpartei ein wenig abgenommen, durch den Umstand, daß sich hier 4 Lokalkandidaten gegenüber standen. Die „Nationalzeitung" kann die Niederlage ihrer Kandidaten nicht so leicht verschmerzen. Sie schreibt: “Der Mißerfolg der Linken im Nordbezirk ist zum allergrößten Teil der Uneinigkeit unter den Linkswählern und der Zersplitterung der Stimmen zuzuschreiben. Denn hier werden immer noch kleinliche persönliche Ränke haushoch über Regional- und Parteinteressen gestellt. Herr Pemmers wußte von vornherein, daß er einen Mißerfolg erleiden würde. Ihm ging es nur darum, den beiden Kandidaten Theis und Salentiny zu schaden, was er konnte; er hat seinen Zweck erreicht, denn ohne seine Liste wären der fortschrittlich-demokratischen Liste 2 Sitze garantiert gewesen. Er hat aber auch das andere erreicht, daß durch seine Mache den Klerikalen ein Sitz gewonnen wurde. Das ist echt radikal!" So wie die politischen Verhältnisse bisher gelagert waren, käme es im Grunde genommen nicht darauf an ob die klerikale Partei oder die fortschrittlich demokratische Partei einen Sitz mehr oder weniger haben. Wichtiger ist schon, ob die bürgerliche Linke die Lektion der Wahlen beherzigen wird.

Die Gegner haben […] die Schlußfolgerung ziehen zu können vermeint, daß uns die Wahlen einen großen Schrecken verursachten, der uns eine Atempause aufgenötigt hätte. Da die Rechtspartei nach dem Urteil aller am letzten Sonntag sehr gut abgeschnitten und die Koalitionsregierung auf Grund der ersten, unverbindlichen Berechnungen ein schönes Vertrauensvotum erhalten hat, finden wir keinen stichhaltigen Grund zu irgendeiner Befürchtung oder Beklemmung unserseits. Vielmehr hätten wir, sofern wir bloß an der sozialistischen Überhebung und weiterhin unter dem Mangel der Genossen an volkspsychologischer Erkenntnis litten, in deren ominösen Kampfruf vom Jahre 1928 ausbrechen können: „Unser ist der Sieg!" Gleichweit entfernt von dieser sozialistischen Siegesüberheblichkeit und von der Sucht, den Volkswillen, der in den Wahlen zum Ausdruck kommt, ohne zuverlässige Unterlagen nach dem eigenen Vorteil zu deuteln, werden wir uns darauf beschränken, die Tatsachen ihre eindringliche Sprache reden zu lassen. […] Das Volk hatte zu der Tätigkeit der Regierung und ihrer Majorität Stellung zu nehmen. Auf der einen Seite standen die regierungsfreundlichen Parteien: Rechtspartei, Radikalsozialisten im Zentrum und im Süden, Fortschrittlich-demokratische Partei im Norden. Auf der andern kämpften die regierungsfeindlichen Parteien, in deren Programmwirrwarr die Feindschaft gegen die Regierung Bech den Kristallisationspunkt darstellte.

Die Besiegten schmähen.
Die “Luxemburger Zeitung"' ist vom Knock-Out erwacht. Und wie es so gewöhnlich Usus ist, wenn der Verprügelte außer Reichweite, schimpft auch sie, was das Zeug hält. Faire Gegner nehmen eine Niederlage an, ruhig, sachlich, besonnen, auch wenn sie, wie es am Montag hieß, “unerwartet", wie ein Keulenschlag gekommen. Die “Zeitung" schreibt sich den Aerger von der Seele, aber anstatt mit Tinte mit der übergelaufenen Galle. Der Arbed-Direktor ist zur Besinnung gekommen, doch es fehlt ihm noch die Gentleman-Haltung. Wird wohl auch noch Zurückkehren! Nach dem Silence absolu, der Wutausbruch! Die Besiegten sind auf einmal die Oppositionsparteien, und vor allem unter ihnen die Arbeiterpartei! Wer lacht da? “In der Tat, mit dem Gewinn von zwei Sitzen im Wahlbezirk Zentrum durfte jeder sich abfinden, der die Zeitverhältnisse in Rechnung stellte, und daß sie im Südbezirk von den zwei Sitzen den einen davontragen würden, daran war im Voraus kein Zweifel. Aber sie wollten mehr. Sie hatten erklärt, sie gingen aufs Ganze im Zentrum, wie im Norden und im Süden", schreibt das Arbed-Blatt. Quel toupet! Die Niederlage, die am Montag noch “unerwartet gewesen, im Süden sowohl als auch im Zentrum und im Norden, mit der mußte ein “jeder sich abfinden", gestern am Mittwoch. Etwas Haltung, meine Herren! Gardez au moins la contenance!Was sagen die übrigen Todeskandidaten dazu, die man verlockt und mit allen Mitteln geködert hatte? Warum dann seit Wochen all die Sieges-Bülletins der Wahlversammlungen, warum die ganze Komödie, wenn es vorher feststand, daß es anders ausgehen würde? Auch hier hat man dann das Maß verfehlt. Wie schon so oft. “Sie wollten vor allem die Koalition niederringen. Und diese steht heute beinahe so fest da wie vorher". Das “beinahe" ist köstlich. Als ob es möglich gewesen, ein Majorität, die 36 zu 16 stand, nieder zu ringen! Nein, so dumm sind auch die Dümmsten nicht. Es ging um etwas ganz anderes. Es ging um politische Ehrlichkeit, es ging gegen den Verrat und gegen die Übergriffe von Großindustrie und Hochfinanz. Das Wählerkorps hat gesprochen. Ziehen wir den Strich und schweigen wir. Versteht man trotz dem verbundenen Beulenkopf noch nicht? Herr Diderich hat lang sicher verstanden! “Die Zweite Signatur ist die, daß im Südbezirk die Vormacht der Sozialisten gebrochen ist…“ Nur keine Aufregung. Abwarten und ruhig abwarten. Auch das kann später festgestellt werden. Für heute weiß ein jeder nur, daß die Arbed-Gruppe vernichtend geschlagen ist. Was die Aufforderung der Arbed angeht, ihre Politik und ihre Verfehlungen zu formulieren, so haben wir das erstens: seit Jahr und Tag getan; zweitens: während der Wahlkampagne selbst so klar und deutlich betont, daß wir nicht mehr darauf zurückzukommen brauchen; drittens: hat das Wählerkorps, das ja der “Zeitung" zufolge “großjährig" und “einsichtig genug" ist, unsern “Formulierungen" Recht gegeben und die “Verfehlungen" der Arbed verurteilt. Wir haben bisher in voller Sachlichkeit Stellung zu den Wahlen genommen, und, wenn es “Haßhysteriker" gibt, so sitzen sie sicher nicht in unserm Blatt. Hoffentlich haben wir trotz allem dem Arbed-Direktor, “der Freude an der Politik hat und für sich allein mehr Steuern bezahlt als Zwanzigtausend Parteigänger der Sozialisten", der aber vergißt zu sagen, um wieviel sozialistische Parteigänger mehr er Gehalt bezieht, doch ein bißchen diese Freude verdorben! Gute Nacht! Ihr armen “entrechteten" und “geächteten" Hüttenherren!

Radikalsozialisten und Radikale. Diese Parteibezeichnungen sind eigentlich irreführend, da die Radikalsozialisten die gemäßigtere Richtung darstellen. Obschon sie dem Namen nach weiter links stehen müßten als die Radikalen tout court. Vielleicht, daß einmal eine Umbenennung den beiden ungleichen Brüdern den passenden Namen geben wird. Denn Brüder sind es, so himmelschlecht sie sich auch zeitweilig vertragen mögen. Die Meinungsverschiedenheiten aber haben ihren Ursprung, wie bei allen Bruderzwisten, in Erbangelegenheiten, die umso drastischer sind, als das Erbe als Ganges zusammenschrumpft.
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Es gibt Tatsachen, die man nicht übersehen darf, wenn man sich nicht selbst das Zeugnis der Einsichtslosigkeit ausstellen will. Zu ihnen gehört das Axiom, daß der alte Liberalismus dem Sozialismus Schrittmacherdienste geleistet hat, und daß jetzt die Sozialisten ernten, was die Liberalen seinerzeit gesät haben. Angesichts dieser Entwicklung fragen sich diese selbstverständlich, ob sie sich derselben entgegenstellen oder sich von ihr treiben lassen sollen. Die Beantwortung dieser disjunktiven Frage hatte eine Aufteilung in zwei Gruppen zur Folge, eine Aufteilung, die in dem ungezügelten Machtstreben der radikalen Gruppe ein starkes Beschleunigungsmoment fand, soweit es angesichts des Druckes der Sozialisten auf die Entscheidungen der Cahen-Gruppe einer solchen noch bedurfte. Es ist hier nicht der Ort, Geschichte zu schreiben. Aber es ist doch vielleicht gar nicht überflüssig, festzuhalten, daß die Entwicklung ihren Weg über ein liberal-sozialistisches Karteil nahm, in das schon 1925 ein Keil getrieben wurde, ohne daß es darum verhindert wurde, einen Augenblickserfolg zu erzielen. Die Bezeichnung' radikalsozialistische Partei stammt aus jener Zeit, in die der Beginn der Zerfallserscheinungen fällt. In der Majorität des Herrn Prüm traten diefe sinnfällig in Erscheinung in der Geltungssucht der Sozialisten, die die Zeit gekommen hielten, wo sie ihren Wechsel vorlegen konnten. An dieser Geltungssucht der Genossen verbunden mit der Erfolglosigkeit der Bemühungen der Regierung Prüm, die doch nur dadurch zustande gekommen war, daß sie immediate und vorteilhafte Lösungen in nahe Aussicht stellte, Zerbrach das unnatürliche Gebilde der damaligen Majorität. Herr Cahen aber, der damals noch zur Partei stand, welcher er seinen politischen Aufschwung verdunkle, prägte in öffentlicher Kammersitzung die Sentenz, daß die Sozialisten die Verantwortung für die Zertrümmerung der Prüm'schen Majorität hätten. Die Tage kommen und gehen. Auch Herr Cahen kam und ging. Ohne Zu erklären, weshalb, fiel er seinen Freunden in den Rücken und gründete eine neue Partei, die allerdings, wie weiter unten nachgewiesen weiden soll, den schönsten Teil ihrer Zukunft bereits hinter sich hat. Vorderhand sei lediglich festgestellt, daß Hr. Eahen die Sicherung der liberalen Traditionen bei den Genossen suchte und zwar in dem Maße, daß er später in völliaer Unkenntnis der Prinzipien des Verhältniswahlsystems ganz unnützer Weise bei den hauptstädtischen Wahlen ein Kartell mit den Sozialisten bildete. Das Unternehmen brachte keinen greifbaren Erfolg, da auch ohne Kartell dasselbe Resultat erreicht worden wäre; dagegen hatte es jedenfalls für die Radikalen den Nachteil, daß sie gemeinsam mit dem Feinde von morgen dessen Geschäfte besorgt und sich in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben haben, das Herr Cahen in den Jahren 1925 und 1926 nach seiner eigenen Erklärung so schmerzlich empfunden! Dagegen besann sich der gemäßigtere Flügel auf seine Verantwortlichkeit und auf die Gefahren, die mit einem Zusammengehen mit den Sozialisten für ihn untrennbar verbunden sind. Er nahm sich den Mut zur Unpopularität und setzte damit eine Tat, die vom staatsbürgerlichen Standpunkt aus unbedingt anerkannt werden muß, so bedenklich sie auch für eine Partei erscheinen mochte, die sich bisher in der Rolle einer bemußten Opposition als Selbstzweck gefallen hatte. Der entscheidende Schritt der Radikalsozialisten war für unser Land nachweisbar sehr bedeutsam, war es doch das Volk selbst, das am letzten Sonntag die Politik der Realisationen durch die Regierung Bech und ihre Majorität in einem starken Vertrauensvotum guthieß. Uno zwar bezog sich dieses Vertrauensvotum keineswegs nur auf die Rechtspartei, sondern auch auf die Koalitionspartei [...] Die frühere Oppositionspartei Prüm gab ihre drei Sitze an die Rechtspartei (Gengler), an die Mittelstands- und Bauernpartei (Wenkin) und an die fortschrittliche Partei, die mit der radikalsozialistischen Partei verglichen werben kann (Mathieu) ab, hat aber selbst jederzeit behauptet, daß sie nicht links eingestellt sei. Der erste Anhieb der Radikalen endlich fiel so schwach aus, daß sie nicht übermäßig schlau zu sein brauchen, um ihr Kriegsbeil definitiv aus dem Norden zu tragen.
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Aus ihr ergibt sich sonnenklar, daß die radikalsozialistische Partei sich seit 1928 trotz der Ungunst der Verhältnisse merklich erholt hat, während die Radikalen sehr empfindlich zurückgingen. Die Frage, ob sich die frühere liberale Partei mehr zum Sozialismus hin entwickeln ober sich als staatserhaltende Partei betätigen solle, ist von der Linkswählerschaft am letzten Sonntag im letzteren Sinne klar und entscheidend beantwortet worden. Ob die Radikalen daraus eine Lehre ziehen werben, will uns trotzdem zweifelhaft erscheinen. Wer aber die Kastanien verzehrt, die Herr Cahen aus dem Feuer holt, ist kein anderer als der Genosse, der selbst wiederum, ohne es vielleicht zu ahnen, die Geschäfte Moskaus macht. Der roten Flut müssen Dämme gesetzt werden. Die Wählerschaft hat am letzten Sonntag deutlich gezeigt, wo sie diese Dämme errichtet sehen möchte. Sollte sie noch deutlicher werben müssen?

Die Sozialisten im Wahlkampf. | Zusammenfassend: im Zentrum und Süden ein klarer Rückschritt der Genossen, im Norden dagegen ein Fortschritt, der zum größten Teil in den allgemeinen Verhältnissen begründet ist, die Aussicht auf einen zweiten Sitz aber möglichst gering erscheinen läßt. Des weiteren ist in den verschieden, größeren Gemeinden ein Zurückweichen der sozialistischen Stimmen festzustellen. Die Macht der Genossen in Düdelingen ist bedenklich geschwächt, ihre Majorität zerschlagen. In Esch wissen die Sozialisten keine Majorität mehr hinter sich; in Luxemburg sind ihre Aussichten beim Vernebeln.
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Und das sonderbarste: Nicht einen einzigen Arbeiter hat diese sonderbare Arbeiterpartei in die Kammer gewählt, sondern nur einen Advokaten (Blum), drei bessergestellte Eisenbahner (Erpelding, Mockel, Neu) und einen Gewerkschaftssekretär (Moes). Sie heißt offenbar nur deshalb Arbeiterpartei, weil die Arbeiter für ihre Wahlkosten aufkommen dürfen.

Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Unabhängigen einen besonders scharfen Kampf gegen die Rechtspartei führten, daß sie dabei am Tage vor den Wahlen sogar auf dem sozialistischen Parteiorgan ihre Zuflucht nahmen und überhaupt der Linken genügend Vorspann leisteten, um als Entgelt Linksstimmen ernten zu dürfen.
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Bei gleichbleibenden Verhältnissen werden die Kommunisten bei den nächsten Wahlen im Süden voraussichtlich einen Sitz erhalten und die Gelegenheit haben, vermöge des Geldes der Steuerzahler durch den offiziellen Kammerbericht ihre Weisheit gratis ins Volk zu tragen. Hier kündigt sich eine große Gefahr an, der man nicht rat- und tatlos gegenüberstehen darf, wenn man sich nicht dem Vorwurf der Fahrlässigkeit in höchst wichtigen Dingen aussetzen will. Die großen Schuldigen an dieser Entwicklung, die in eine drohende Gefahr ausläuft, sind aber die Sozialisten und ihre Helfershelfer, die bis auf den heutigen Tag auf der Linken keinen Feind und Gefahr sehen. Und doch bohrt der Wurm im Holz?! Und doch ist auch bei uns die kommunistische Gefahr da, vielleicht noch mehr latent, aber doch darum nicht minder real.

--Bdx (Diskussioun) 09:45, 11. Okt. 2019 (UTC)[äntweren]